War die einzige Tochter der Besitzer der dortigen Wassermühle.
Lebten in Dönstedt bei Emden.
Auszug aus der Dobe-Chronik:
"Bilder gibt es von ihm leider nicht; aber er wurde mir von Leuten, die ihn noch gekannt haben, als ein freundlicher und gesprächiger, mittelgroßer schlanker Mann geschildert mit blonden Haaren und blauen Augen, der sich glattrasiert trug und bis ins Alter sehr rüstig war. Insbesondere erzählte mir einer seiner Enkel, mein Vetter Carl in Magdeburg, der bei Großvaters Tode vier Jahre alt war, noch eine sehr lebendige Erinnerung, offenbar aus Großvaters letztem Lebensjahr. Danach habe dieser eines schönen Tages zu ihm und seinem Bruder Christian gesagt: Kommt, Jungens, heute gehen wir nach Hundisburg! Auf dem Wege dahin aber habe er plötzlich über Schmerzen in der Magengegend geklagt, sei kurzatmig geworden und habe sich auf den Wegrand zum Ausruhen setzen müssen, worauf sie dann langsam nach Dönstedt zurückgekehrt seien. Er wurde jeden Herbst von einem Husten geplagt, den alle seine Nachkommen in gleicher Weise hatten und noch heute haben (der Dobe-Husten!), der aber im Herbst 1879 ausblieb. Statt dessen trat Wassersucht ein, und er starb am letzten Tage dieses Jahres.
Großvater war von Beruf Leineweber und Ziegeldeckermeister und durch seine Kunstfertigkeit, besonders in letztgenanntem Beruf, sehr angesehen. So hat er z.B. die schwierigen Türme der Schlösser in Hundisburg und Erxleben mit Schiefer gedeckt.
Aber wir wissen noch mehr von ihm, ja wir können ihn fast noch reden hören: Frau Margarete Satorius, die älteste Tochter meines Vetters Carl Dobe in Magdeburg, besitzt von ihm ein Schreibheft, das 1835 begonnen und etwa zehn Jahre hindurch fortgeführt ist. Es enthält zunächst 27 Blätter Schreibübungen, die der Dreiundzwanzigjährige offenbar als Vorbereitung zur Meisterprüfung gemacht hat: einfache Sätze, sich zeilenweise wiederholend, Briefe, Eingaben an Behörden, Rechnungsaufstellungen und Schuldscheine, kurz alles, was ein strebsamer Handwerker im Leben braucht. Die Handschrift wird dabei sichtlich gelenkiger und freier, bleibt aber ruhig und schön und wird zuletzt der meines Vaters sehr ähnlich.
Diese Schreibübungen waren offenbar der ursprüngliche Zweck des Heftes. Erst später wurden dann die leergebliebenen Seiten zu Eintragungen benutzt, die wirklich dem Leben entstanden. So findet sich auf der Rückseite von Blatt 26 eine Flachs- und Hedenrechnung vom Dezember 1839 bis April 1840, aus der hervorgeht, daß Großvater offenbar den Winter zum Leineweben benutzte und in dieser Zeit für 11 Thaler 2 Silbergroschen 9 Pfennig Flachs und für 18 Silbergroschen 9 Pfennig Hede oder Werg (für grobes Sackzeug) verwob. Freilich vermag ich nicht zu entscheiden, ob das viel oder wenig ist. Mit dieser Tätigkeit hängen offenbar die Webemuster zusammen, die er als "Rie" auf Blatt 30 für Sackdrell und feinere Stoffe aufzeichnete.
Hinter den Schreibübungen folgen fünf Seiten Haushaltsrechnungen vom Dezember 1839 bis Mai 1840, also aus dem Anfang seiner Ehe, und Abrechnungen über Dienstmädchenlohn bis 1845. Über diese Dinge wird weiter unten im Zusammenhang mit seiner Heirat gesprochen werden...
... Wirklich reden aber hören wir Großvater etwa im letzten Rezept, das er mit Chr. Dobe unterzeichnet hat: "Zum Geschwulst zu vertreiben bei Quetschung oder Brechung ist Arnica Blüte zu gebrauchen(.) ich habe zu meinen Fuß zwei Loth und zwar erst ein Loth genommen(,) einen Tassentopf von kochendes Wasser daraufgegeben(,) eine halbe Stunde stehen lassen, dann durchsiegen (seihen!) und dann in diesen Wasser Lappen legen und lauwarm über die Quetschung legen(.) es hilft sofort." (Wobei ich bemerken will, daß Arnica auch in der Hausapotheke meines Vaters als Heilmittel die Hauptrolle spielte.)
Zeigt sich Großvater in der Aufzeichnung dieser Rezepte als sorgender Hauswirt, so erkennen wir aus andern eine weitere Charaktereigenschaft: wenn er es für der Mühe wert gehalten hat, Anweisungen aufzuschreiben, wie man es machen kann, daß die Weiber nackend aus dem Bade laufen ("Lege Quecksilber und Amseleier in die Badstuben") oder man "einem einen artigen Possen machen kann, daß er fein lange schläft", so zeigt er sich offenbar darin als Schalk, der einen unschuldigen, aber "artigen Possen" liebt.
Schließlich hat er zu seinen Rezepten auch ein Register anzulegen begonnen, worin sich eine weitere, übrigens auf meinen Vater und mich deutlich vererbte Eigenschaft zeigt: die Anlage zur Pedanterie.
Die Tatsache endlich, daß er die Rezepte teilweise aus Büchern abgeschrieben hat, also wirklich Bücher las, ist immerhin beachtenswert für die geistige Regsamkeit des einfachen Bauern und Handwerksmeisters in dem weltabgeschiedenen Dörfchen. Gerade von dieser geistigen Regsamkeit wird weiter unten anläßlich seiner Söhne noch mehr die Rede sein.
Ihr entspricht es auch, daß er sich ein Petschaft mit einem "Wappen" gravieren ließ, von dem mir mein Vater einen Abdruck mit dem Hinweis übergab, es sei das Familienwappen. Dies zeigt ohne Schild und Helm in einfacher Rundung zwei mit den Stielen übereinander liegende Dachdeckerhämmer, wie ich solche bei meinem Onkel Franz in Dönstedt noch in Gebrauch gesehen habe. Ob Großvater sich dies Zeichen, das mir gut stilisiert erscheint, selbst erdacht oder schon von seinen Vorfahren übernommen hat, habe ich nicht feststellen können...
... Großvater heiratete am 22. Juli 1838 in Dönstedt Johanne Marie Elisabeth Helmstorf aus der dortigen Wassermühle...
... Von ihr hat man mir einzig erzählen können, daß ihr blondes Haupthaar aufgelöst ihr bis zu den Knien gereicht habe...
... Über die wirtschaftlichen Verhältnisse der Großeltern Dobe sind wir für die ersten Jahre der jungen Ehe durch das oben erwähnte Schreibheft Großvaters unterrichtet. Dort betragen die Einnahmen in den vier Monaten Januar bis April 1840 für Webelohn und Dachdeckerarbeiten im ganzen 28 Taler. In der gleichen Zeit betragen die Ausgaben 32 Taler. Dies wäre allerdings ein böser Anfang für einen geordneten Haushalt; doch muß man bedenken, daß diese Angaben gerade die Monate betreffen, wo weder der Dachdecker noch der Bauer gewinnbringende Beschäftigung hat. Aus anderen Zeiten sind uns leider keine entsprechenden Aufzeichnungen erhalten. Außer Haushaltskosten (Öl. Essig, Backgeld, Zucker, Seife, Schlachtlohn, Holz, Asche (d.h. Pottasche zum Waschen der Wäsche usw.), bei denen leider nie die Menge der für den angegebenen Preis bezogenen Waren vermerkt ist, finden wir noch folgende beachtenswerten Posten: "nach Neuhaldensleben", "nach Erxleben", "nach Alvensleben", offenbar für Zwecke seines Handwerkes, elfmal in den vier Monaten mit einer Gesamtausgabe von rund 6 Talern. Er muß sich also diese "Dienstreisen" etwas haben kosten lassen! In der gleichen Zeit werden für "Schnaps" (der damals auch als Heilmittel eine Rolle spielte) 1 Taler 4 Silbergroschen 8 Pfennig ausgegeben, für Bier dagegen nur 1 Silbergroschen 13 Pfennig. Es mundete ihm offenbar im Winter nicht, während der Schnaps, wie auch heute vielfach noch, als Mittel gegen die Kälte galt.
Das es trotz des oben gefundenen Fehlbetrages nicht schlecht im Haushalt ausgesehen haben kann, geht aus der Tatsache hervor, daß die Großeltern sich ein Dienstmädchen hielten. Für die Jahre 1840, 1842, 1843 und 1845 geht es sicher aus diesen Papieren hervor...
... Aus der Ehe unserer Großeltern gingen acht Kinder hervor, von denen zwei Mädchen ganz jung starben. Die übrigen sechs wuchsen heran, fünf Söhne darunter gründeten eigene Familien. Für diese Kinder hat Großvater sehr viel getan: die beiden ältesten Söhne wurden Dachdeckermeister, die beiden folgenden schickte er nach Osterburg auf Präparandie und Seminar, wo sie zu Lehrern ausgebildet wurden; auch dem Jüngsten, meinem Vater, war das gleiche bestimmt ... kam aber ... nicht zur Ausführung. Dadurch hat sich Großvater vielleicht an Kosten übernommen, denn ein so kleiner Bauernhof ist immer auf die tatkräftige Mithilfe der heranwachsenden Söhne angewiesen, zumal in den für den Kleinbauern schlechtesten Zeiten, die nun kommen sollten. Trotzdem zeigt die Tatsache, daß Großvater seinen Söhnen den Weg zu höherer Bildung öffnete, seine eigene ideale Gesinnung. Denn er hätte sie ja auch in Dönstedt Tagelöhner werden lassen können."