Montag, 27. April 2009

Brief vom 18.06.1937


Beaulien, d. 18.6.37

Lieber Dr. Dobe!

Haben Sie herzlichen Dank für Ihre beiden Briefe, die beide wohlbehalten in meine Hände kamen, und mich sehr erfreut haben. Zunächst meine besten Glückwünsche zur Genesung von Ihrem Nervenleiden, von dem ich gar nichts gewußt hatte. Sie müssen mir später mal erzählen, was da eigentlich los war. Hauptsache, dass Sie sich wieder wohl und lebenslustig fühlen, denn letzteres waren Sie in letzter Zeit sicherlich nicht mehr.

Es freut mich, dass die Pflanzen trotz Quetschung zwischen Steinen anscheinend noch brauchbar angekommen sind und Ihnen Freude bereitet haben. Fundort ist: Wüste etwa 5 ml südlich von Lüderitzbucht. Frl. Koffka kann Ihnen wohl an Hand meines Tagebuches (des persönlichen) noch nähere Angaben über die Fundstelle machen. Wiederholen wird sich aber die Sendung kaum lassen, nicht weil es mir zu viel Mühe machen würde, sondern weil ich voraussichtlich in keine Wüste mehr kommen werde.
Unser Santorin Werk hat in der Literatur eine glänzende Aufnahme gefunden. Die führenden deutschen Fachleute haben es sehr gut besprochen, und die Griechen haben sich sogar soweit angestrengt mich zum Dr. h.c. der Athener Universität zu ernennen! Sapper hat besonders Ihrem Beitrag lobend hervorgehoben.
Von Leyden hörte ich inzwischen, dass er in Italien eingetroffen ist. Seine Arbeit hat mir - schon nach meiner Abreise aus Deutschland - noch viel Schwierigkeiten und Sorgen gemacht, denn der gute Mann wird ja - was mir gar nicht bekannt war - wegen seiner Göttinger Dummheiten noch immer steckbrieflich verfolgt! Er soll sich nur möglichst nicht in Deutschland sehen lassen. Ich bin natürlich in meinen Berichten für Leyden eingetreten, mit welchem Erfolg weiss ich nicht. Seine Arbeit wird nun im nächsten Jahr in der Schweiz erscheinen.
Es sollte mir sehr leid tun, wenn es sich bewahrheiten würde, dass er seinen geologischen Beruf an den Nagel gehängt hat. Er sollte lieber nach Südafrika kommen. Das ist ein geradezu fantastisch sich entwickelndes Land, das immer und für alle Arbeit hat, das geradezu nach qualifizierter Arbeit schreit, und wo jeder vorwärts kommt, auch die viel zu wenigen vorhandenen Geologen.
Bei der Zeitschrift für Vulkanologie haben sich auch - ohne dass mir vorher das Geringste mitgeteilt wurde - grundlegende Veränderungen vollzogen, welche mich nach fast 20jähriger Schriftleitung veranlasst haben, mit dem Abschluss des laufenden Bandes aus der Redaktion auszuscheiden. Bin gespannt, wie das nun weiter gehen wird - ich sehe nicht sehr hoffnungsfroh in die Zukunft der Zeitschrift.
Was endlich mich betrifft, so bin ich mit meiner Reise und ihren Ergebnissen ausserordentlich zufrieden. Wenn es Sie interessiert, kann Ihnen meine Frau oder Frl. Koffka darüber Näheres erzählen. Waren Sie schon mal in Glienicke draussen? Der Garten soll nach allem, was ich hörte, sehr hübsche Fortschritte gemacht haben.
Ich bin augenblicklich zu einer Ruhe- und Korrespondenz-Pause in meinem alten Standquartier, nachdem ich eine 2monatliche Forschungsreise in die wilden Drakensberge glücklich beendet habe, und bereite jetzt den nächsten Reiseabschnitt vor, der mich nach Zulu- und Swaziland führen wird.

Nun aber Schluss für heute. Viele herzliche Grüsse von Ihrem H. Reck

[Der Brief umfasst zwei handschriftliche Seiten]

[Quelle: Geologische Vereinigung, Archiv Nr. 8610]