Dienstag, 10. Juni 2025

1928, Bronze

Die zunehmende Digitalisierung gedruckter Bücher ermöglicht mir immer wieder neue Puzzleteile zum Leben Friedrich Dobes zu finden. Wobei ich immer wieder erstaunt bin, in welchen Ecken und zu welchen Themen ich Neues zu ihm finde. Nie wäre ich bspw. auf den Gedanken gekommen, dass es vielleicht eine Medaille mit seinem Abbild geben könnte, aber es gibt sie. Gefunden habe ich diese Information in dieser Publikation:

Bernd Ernsting. Ludwig Gies. Meister des Kleinreliefs. Mit Werkverzeichnis der Medaillen und Plaketten, Münzen und Münzenentwürfe, Siegel und Trockenstempel. (Letter-Schriften; 3). Köln, Letter-Stiftung. 1995. 479 S., Ill. (Zugl.: Bonn, Univ., Diss., 1993) - ISBN 3-930633-02-7

Seite 105:
Neben diesen zumeist kleinformatigen Medaillen und Plaketten religiöser und privater Thematik stehen die größeren Porträts, ein traditionelles Aufgabengebiet des Kleinreliefs, welches Gies wie kein zweiter zu neuer und seitdem nicht wieder erreichter Blüte führte. Freundschaft war der Anlaß zu WVZ 238 "Otto Hitzberger", einem Bildnis des gleichfalls aus Bayern stammenden und in Berlin als Kollege von Gies wirkenden Holzbildhauers, der ihm bei der Ausführung des Lübecker Kruzifixus zur Seite gestanden hatte. Persönliche Kontakte oder die gemeinsame Freundschaft mit August Hoff dürften Gies zu WVZ 237 "Johan Thorn Prikker" bewogen haben, einer Schilderung physiognomischer Eigenheiten, die - vergleicht man sie mit zeitnahen Photographien des Malers, Mosaizisten und Glasmalers - die charakteristisch hohe und weit vorgewölbte Stirn, die kantige Kinnpartie und den schmalen, breiten Mund trefflich wiedergeben. Gerade dieses Stück ist kennzeichnend für Gleis' stehs respektiertes Prinzip, wohl individuelle Merkmale einer Physiognomie herauszuarbeiten, sie aber nicht als Mittel einer Psychologisierung seiner Bildnisse, zur vorgeblichen Offenlegung einer Persönlichkeit zu mißbrauchen. Trotzdem aber kann nicht übersehen werden, daß solche respektvolle Distanzwahrung in dem Maße zunahm, in dem der Künstler dem von ihm Porträtierten persönlich unvertraut war. Die Bildnisse WVZ 240 "Friedrich Dobe" und selbst WVZ 239 "Otto Baur", den Gies in seiner Eigenschaft als Werkbund-Geschäftsführer kannte, zeigen denn auch eine geringere Unmittelbarkeit der Persönlichkeitsreflexion als "Otto Hitzberger", und vollends die Politikerporträts WVZ 244 "Hans Luther" und WVZ 247 "Adolf Grimme" schaffen einen kühlen, besonders distanzierten Eindruck.

Seite 263:
Friedrich Dobe um 1928 bis 1930 Bronze, einseitiger Guß

Seite 263:
Literatur: 
Hoff 1962, S. 78, Nr. 7, Abb. S. 9: Dr. Friedrich Dobe, 1928, Bronze, 5cm (falsche Maßangabe)
[August Hoff. Medaillen und Plaketten von Ludwig Gies. Krefeld o. J (1962)]
Leverkusen 1990, S. 237, Nr. 337, Abb. S. 206: Friedrich Dobe um 1928
[Ludwig Gies 1887-1966. Ausstellungskatalog Leverkusen, Städt. Museum Schloß Morsbroich, Berlin, Georg-Kolbe-Museum und Niebüll, Richard-Haizmann-Museum. Kat. bearb. von Bernd Ernsting. 1990]
Köln 1993, S. 13, Nr. 81: Friedrich Dobe um 1928 bis 1930
[Ludwig Gies (1887-1966). Medaillen und Plaketten. Ausstellungskatalog Köln, Kreissparkasse, Hauptstelle am Neumarkt 4-5. Ausstellung und Katalog bearb. von Bernd Ernsting. 1993]

Seite 267:
Wie WVZ 239 und WVZ 240 ist auch diese, dem Modellbucheintrag zufolge wohl um die Jahresmitte 1930 entstandene Arbeit von einem nur bei Porträts dieser Jahre zu beobachtenden Verismus.

Seite 317:
Die Identität des Dargestellten konnte nicht geklärt werden; zeigt die Physiognomie auch eine gewisse Ähnlichkeit mit derjenigen des 1889 geborenen und 1949 mithin sechzigjährigen Politikers Ernst Reuter, so scheint es doch ausgeschlossen, Gies habe sich bei der Schriftfassung so entschieden geirrt. Die spezifischen plastischen Mittel rufen deutlich Erinnerungen an die Bildnisse WVZ 240 "Friedrich Dobe", WVZ 239 "Otto Baur" und vor allem an WVZ 245 "Edmund Körner" wach.

Inzwischen habe ich mir oben erwähnten Katalog von August Hoff besorgt. Auch aus diesem Werk möchte ich kurz zitieren. Die Abbildung oben ist aus diesem Werk.

Seite 71f.: 
Die Bildnisplaketten
Waren es im Zeitalter der Renaissance oder des Barock die Fürsten und reichen Bürger, die die stolze Produktion der Bildnismedaillen trugen und in großer Zahl als Geschenke verwandten, so entstanden die meisten der Porträtplaketten von Gies ohne Auftrag nach ihm selbst nahestehenden Persönlichkeiten. Sie sind meist nur in wenigen Exemplaren hergestellt. ... 
Gies bevorzugt möglichst dünnwandige Güsse und erreicht gerade auch in den Bildnisplaketten trotz der äußersten Flachheit der Reliefplatten durch das Vor und Zurück der plastischen Details eine überzeugende räumliche Wirkung in den Köpfen. Wie er diese in den wechselnden Umriß der Plaketten setzt, dient schon der Charakterisierung der Gestalt und der Persönlichkeit der Dargestellten. Um das innere Bild des Menschen geht es dem Künstler, das er besonders in den expressionistischen Porträts aus dem Beginn der zwanziger Jahre bis an die Grenze der Karikatur ausdeutet. ...
Von intensiver plastischer Wirkung sind die Plaketten des Architekten Otto Baur, des Sekretärs des Deutschen Werkbundes zu dieser Zeit, oder des Dr. Friedrich Dobe.