Sonntag, 26. April 2009
Brief vom 18.03.1935
Lieber Herr Professor Reck!
Anbei die Fahnen Nr. 41 bis 317 nach Durchsicht zurück. Darüber Folgendes:
Die Arbeiten sind übersichtlich eingeteilt und geordnet. Nur fiel mir Folgendes auf: In Neumanns Arbeit, die in die Abschnitte I bis VIII eingeteilt ist, erscheint Fahne 116 die Ueberschrift Aspronisi in dem gleichen Schriftgrade, in dem sonst die Ueberschriften der Abschnitte I bis VII gesetzt sind, aber ohne Nummer. Das fällt auffällig heraus aus der übrigen straffen Anordnung. Ist das Absicht oder Versehen?
Aehnlich ist es mit Ihrer Arbeit. Ist es ein Aufsatz, oder sind es mehrere? Für den ersten Fall fehlt eine gemeinsame Ueberschrift. Warum aber haben die beiden Unterteile von A und B (bei A: die Santorinkald. und die Entstehung der Bimssteindecke...; bei B: das Kald.problem und Wesentlich exogen gestaltete Kald. ...) keine Anordnungsnummern oder Buchstaben? Da alle verfügbaren Zahlen schon vergeben sind, würde ich empfehlen A1, A2 und B1, B2. Die Abschnitte A2 und B2 im eben angedeutenen Sinne sind verschiedenartig beziffert. Als parallelgehend zu A1 und B1 müssen hier die deutschen Zahlen durch römische, die Buchstaben durch deutsche Zahlen ersetzt werden. Sie machen sich das am besten klar, indem sie die Anordnung der Ueberschriften auf ein Sonderblatt herausschreiben. Dann erkennen Sie, daß die Abschnitte A1 und B1 zunächst in römisch bezifferte Unterteilungen folgen, während bei A2 und B2 die römischen Zahlen ganz fehlen.
Im übrigen ist die Darstellung ungemein klar und frei von Wiederholungen oder inneren Widersprüchen. Aber es zeugt von großer Unkultur und ist ebenso geschmacklos wie undeutsch, Fremdwörter dort anzuwenden, wo es bessere und klarere deutsche Ausdrücke gibt. Ich will nichts sagen gegen Fachausdrücke wie Erosion, Denudation, Abrasion (obgleich man auch dagegen etwas sagen könnte!), aber eruption, Phämomenik, lokal, kontrovers, Genese, Fixierung, individualisieren (wer kann denn das aussprechen, ohne zweimal anzusetzen!!) Prähistorie, erumpieren, generell, Existenz, Faktor a.s.w. sind aus der Feder eines deutschen Verfassers schlechthin unerträglich und stellen für mich die Lesbarkeit der Arbeit in Frage. Den Gipfel der Geschmacklosigkeit aber stellen Zusammensetzungen von der Form Präbimssteinzeit oder Postbimssteinalter dar, denn die deutsche Sprache hat für prae und post die Wörter vor und nach, die völlig unmißverständlich sind. Trotzdem habe ich hier nur die allergröbsten Geschmacksverirrungen und Fehler beseitigt, da es nicht immer möglich ist, Fremdwörter auszumerzen, ohne den Satzbau ganz um zu krempeln. In solchem Falle habe ich sie blutenden Herzens stehen lassen. Ein so großartig ausgestaltetes Werk wie unseres muß auch wenigstens den allereinfachsten Ansprüchen an Geschmack und Kultur genügeleisten!
Mit bestem Gruß Ihr Schulmeister [handschriftlich:] Friedrich Dobe, Studienrat in Berlin
[Der Brief ist maschineschriftlich und füllt eine Seite]
[Quelle: Geologische Vereinigung, Archiv Nr. 8605]