Donnerstag, 28. August 2025

Sophien-Gymnasium
Jahresbericht 1921/22 
(handschriftl. mit Datum 10. Juni 1922 und 24. Juni 1922 für den Ergänzungsbericht)

Vorbemerkung:
Der Jahresbericht 1921/22 ist hier nach der Vorschrift behandelt worden, d.h. in 2 Abschriften am 10.6.1922 an das Prov. Schulkoll. abgegangen; eine 3. Abschrift zu unmittelbarer Einreichung an die Staatl. Auskunftstelle kommt nach dem Min. Erl. NII 520 NIIW vom 26.5.1922 - Prov. Schulkoll. A 1291 vom 12.6.1922 erst für 1922/23 in Frage.
Babick

Am 1. Mai 1922 hatte das Sophien-Gymnasium:
1 Oberstudiendirektor, 22 Studienräte, 1 ordentl. Lehrer, 1 Zeichenlehrer, 1 Turnlehrer und 1 Gesanglehrer, zusammen also 27 festangestelle Lehrer, ferner 1 Studienassessor (nicht festangestellt)

Kunstgeschichte OI - UII mit 1 Schüler in OIo, 2 in OIm, 2 in UIo, 1 in UIm, 2 in OIIo, 7 in OIIm, 7in UIIo und 2 in UIIm. Zusammen 24 Schüler.

I. Lehrverfassung
1. Übersicht über die einzelnen Lehrgegenstände und die für jeden bestimmte wöchentliche Stundenzahl
Math-Rechn.: 68 St.
Physik: 20 St.
Naturgesch.: 16 St.

2. Verteilung der Stunden unter die Lehrer
Tabelle Sommersemester 1921
D. Dobe:
OrdNa (Klassenlehrer) --
UIm: 4 Math., 2 Phys.
OIo bis OIIm: 2 Kunstkunde
UIIm: 4 Math., 2 Phys.
UIIIo. 2 Math
IVm: 4 Math., 1 Nat.
Insges. 22

Tabelle Wintersemester 1921/22
D. Dobe
OrdNa (Klassenlehrer): OIIm
OIo bis OIIm: 2 Kunstw. Exk.
OIIm: 4 Math, 2 Phys
OIII m: 3 Math
UIII o: 2 Nat
IVm: 4 Math, 2 Nat
VIm: 4 Rechn
Insges. 23

II. Mitteilungen aus dem Unterricht
5. Ausflüge, Führungen und Besuche
Klassenausflüge sämtlicher Klassen mit verschiedenen Zielen wurden unternommen am 28. Juni, 5. Sept., 3. Nov. und 17. Januar. Eine Sängerfahrt fand am 23./24. Mai 1921 statt, an der die Sanger aller Klassen teilnahmen. Besichtigt wurden im Laufe des Schuljahres unter Führung von Fachlehrern am 25. Okt. 1921 die Neubauten der [...]-Film-Gesellschaft in Stiglitz und am 26. Jan. 1922 von den Primanern das Ullsteinhaus in der Kochstraße. Die Teilnehmer der kunsthistor. Unterrichts besuchten 6 mal die Sammlungen in den hiesigen Museen. Die UIIo machte unter Leitung von 3 Fachlehrern einen biologischen Ausflug nach dem [...] am 10.9.21.

Die vom Jugendamt der Stadt Berlin veranstalteten Lehrfilmvorführungen wurden regelmäßig von fast allen Schülern besucht.

III. Statistische Mitteilungen
2. Religionsverhältnisse
Anfang Sommer 1921: ev 210, kath. 41, jüd. 151, diss 3 = 405
Anfang Winter 1921/22: ev 200, kath. 38, jüd. 144, diss 4 = 386

IV. Vom Elternrat
Der Elternbeirat bestand aus folgenden [10] Mitgliedern.
Im Berichtsjahre fanden 3 Elternbeiratssitzungen statt, an welchen stets auch Mitglieder des Lehrer Kollegiums teilnahmen.

V. Schülerselbstverwaltung
Die Klassenausschüsse, aus dem Sprecher und je 3 Klassenbeamten in allen 18 Klassen ge[...], haben nach Vorschrift bestanden. Klassengemeinden haben in allen Klassen regelmäßig stattgefunden und sich im ganzen gut bewährt. Der Schülerausschuß bestand aus 9 Mitgliedern und hat unter dem Vorsitz des Direkturs, den es sich zum Berater gewählt hatte, 4 größere Besprechungen abgehalten. Die Schulgemeinde begegnete zwar nicht mehr gleich starken Interesse wie im Vorjahr, hat aber doch 3 mal getagt und zwar unter dem Vorsitz des Direktors.

VII. Aus der Schulchronik
Auch im Schuljahr 1921/22 standen unserer Filiale in Berlin N.O. noch keine eigenen Unterkunftsräume zur Verfügung, sie war vielmehr wie bisher in den Gemeindeschulen 230 und 248 Wehlauer Straße 8 nur unzureichend untergebracht. Ostern 1921 wurde die UIIIo, Michaelis 1921 die UIIIm verlegt; in jedem Halbjahr mußte je eine Klasse als fliegende eingerichtet werden; dank der Energie und dem Entgegenkommen des städtischen Dezernenten für die Gemeindeschulen, Herrn Schulrat Nydall, gelang es aber wenigstens, für den Winter nicht nur einen weiteren Klassenraum, sondern auch einen bis dahin als 2. Lehrmittelzimmer benutzten Raum der 230. Gem. Schule als Lehrmittel- und Lehrerzimmer für das Sophien-Gymnasium frei zu bekommen. Je länger je mehr wurden durch die Notwendigkeit des "Pendelns" zwischen Weinmeisterstraße und Wehlauer Straße Kraft und Zeit der Lehrerschaft fruchtlos verherdt.

Leider konnte jedoch nicht einmal innerhalb der durch diese Umstände gezogenen Grenzen des Unterrichts ungestört durchgeführt werden: wegen Kohlenmangels war die Schule in der Weinmeisterstr. vom 4.2. bis zum 22.2.1922, in der Wehlauer Straße sogar vom 8.2. bis zum 11.3.1922 geschlossen.

Für die am Schlusse des vorigen Schuljahres wegen des Lebensalters in den Ruhestand versetzten Lehrkräfte traten zu Beginn des Berichtsjahres ein für St.R. Geheimrat. Magens der bisherige St.R. am Schillerlyzeum Paul Schmidt als St.R., für St.R. Hist der bisher an der Anstalt aushilfsweise tätige St.Ass. Paul Klink zunächst als St.Ass., seit Michaelis 1921 als St.R., für den Turnwart Otto der bisherige Turnlehrer an der Königstädtischen Oberrealschule Eduard Proske als Turnwart, für den Zeichenlehrer Hunke der Hilfszeichenlehrer Richard Wittmann zunächst als Hilfszeichenlehrer, ab 1.10.1921 als Zeichenlehrer. Zu Beginn des Berichtsjahres ging der St.R. D. Fechner an die 5. Oberrealschule über; an seine Stelle hat als St.R. der zuletzt am Real-Gymn. in Tempelhof beschäftigte St.Ass. Heinrich Esselbrügge[?]. Ersetzt wurde ferner am 1.10.21 der St.R. D. Wallies, über dessen Abgang unten berichtet wird, durch den St.R. Mackert, bisher an der S.O.R.

Der Gesundheitszustand der Schüler war im allgemeinen gut; die günstige Wirkung der Quäkerspeisung verdient besondere Hervorhebung. Von den Lehrern wurde St.R. D. Wessely durch sein schweres Leiden während des ganzen Schuljahres seiner Amtstätigkeit ferngehalten. Krankheitshalber beurlaubt waren ferner das Sommerhalbjahr hindurch die St. Räte D. Uckermann und Adolf Schmidt; auch der Direktor mußte vom 6.6. bis zum 8.7. zum Zweck einer Operation beurlaubt werden. St.R. D. Samten war während des Schuljahres am 12. St. im Unterricht erleichtert, um an einem zugleich der Schule und der Wissenschaft dienenden literarischen Werke arbeiten zu können. Zu seiner Vertretung war der aus Westpreußen vertriebene St.R. Blome hierher überwiesen, der freilich selbst während mehrerer Wintermonate wegen Krankheit aussetzen mußte; für ihn hat nun wieder St.R. D. Samter beinahe restlos ein und verzichtete demnach solange opferwillig fast auf die gesamte ihm gewährte Diensterleichterung. Zur Vertretung der dauernd beurlaubten Herren waren im Sommer die St. Assessoren Ernst Schmidt, D. Marbach, Föhl, im Winter D. Marbach und D. Koppe überwiesen; D. Koppe übernahm gleichzeitig einige Stunden Unterricht an der 5. Oberrealschule.

Bald nach den Sommerferien traf die Anstalt ein schwerer, tief schmerzlicher Verlust: Herr St.R. D. Hokumann[?] erlag am 18. August seinem Leiden. Am 22. August fand die Einäscherung statt, an der sämtliche Lehrer, ein großer Teil der älteren Schüler und auch viele ehemalige Schüler teilnahmen. Zu Ehren des verstorbenen Lehrers und Amtsgenossen veranstaltete im Beisein seiner nächsten Anverwandten die Schule am 23. Sept. um 12 Uhr in der Aula eine Erinnerungsfeier, die in musikalischen Darbietungen, einen von dem St.R. Kunad als früherem Schüler und zuletzt jungen Amtsgenossen des uns Entrissenen gehaltenen Gedächtnisrede und einem Schlußwort des Direktors bestand. Professor Hokumann[?] hat dem Sophiengymnasium über 40 Jahre angehört, erfolgreich als Lehrer, hochgeschätzt als Amtsgenosse. Körperlich leidend kehrte er 1918 aus dem Kriege heim, an dem er als Landwehrhauptmann seinem reifen Alter zum Trotz noch teilgenommen hatte. Der Zusammenbruch Deutschlands und der Tod seines einzigen Sohnes, der als Pionieroffizier den Krieg glücklich überstanden hatte, um dann in den Münchener Revolutionskämpfen elend umzukommen, verdüsterte den Ausgang seines Lebens.

Michaelis 1921 verlies uns ein anderer, um Wissenschaft und Schule hochverdienter Lehrer: St.R. Prof. D. Wallies mußte in voller Rüstigkeit und Arbeitsfreude laut gesetzlicher Bestimmung nach Vollendung des 65. Lebensjahres in den Ruhestand treten. Auch er hat über 40 Jahre in unermüdlicher, gewissenhafter, [...] Arbeit am Sophien-Gymnasium gewirkt. Nachdem er seinen letzten Abiturienten die Entlassungsrede gehalten hatte, widmete ihm in der Aula der Direktor Dank- und Abschiedsworte.

Das Schuljahr begann am 7. April 1921. Am gleichen Tage wurden Lehrer und Schulwart auf die Preußische Verfassung vereidigt. Geschlossen wurde das Schuljahr am 7. April 1922.

Die Reifeprüfungen fanden, beide unter dem Vorsitz des Direktors, am 19. September 1921 und am 17. März 1922, die Abiturientenentlassungen am 24. Sept. und am 23. März statt.

Durch den Dezernenten der Anstalt, Herrn Geh. Regierungsrat und Oberschulrat D. Prinzhorn, erfolgte am 2. Dezember 1922 eine Unterrichtsrevision.

An Schulfeiern außer den genannten sowie an Vorträgen und Elternversammlungen sind zu verzeichnen:

1. Am 18. April 1921 vorm. Feier der 400. Wiederkehr des Jahrestages von Luthers Auftreten vor dem Reichstage zu Worms; die Festrede hielt St.R. Kunad.

2. Am 13. Mai 1921 vorm. Vortrag des St.R. D. Kalischer vor Lehrern und Schülern über die wirtschaftlichen Folgen des Friedensvertrages.

3. Am 24. Sept. 1921 abends Schülerkonzert.

4. Am 22. Okt. 1921 abends Vortrag des St.R. D. Kranz vor Eltern, Lehrern und älteren Schülern über "Schule und Bildung".

5. Am 2. Nov. 1921 vorm. Reformationsfeier mit Festrede des Unterprimaners Kegel über "Luthers Bibel".

6. Am 24. Nov. 1921 abends Elternversammlung gemeinsam mit der 5. OR. Vortrag des Führers der "Entschiedenen Schulreformen" St.R. Paul [...] über Grundsätze und Ziele dieser Bewegung.

7. Am 22. Dezember 1921 vorm. Weihnachtsfeier mit Gesängen und einer Ansprache des St.R.s Tatge.

8. Am 11. März 1922 Elternversammlung zur Beratung über die Gründung eines "Bundes der Freunde des Sophien-Gymnasiums"; es wurde beschlossen, zu Anfang des neuen Schuljahres einen solchen Bund zu gründen, sodann wurde der vom Direktor ausgearbeitete Satzungsentwurf durchberaten.

Über Zweck und Ziele des Bundes unterrichtet der nachstehende Entwurf:

[aufgeklebter Druck] Elternbeirat und Lehrerschaft des Sophiengymnasiums haben beschlossen, einen "Bund der Freunde des Sophiengymnasiums" zu gründen. Der Zweck dieses Bundes soll sein, die Erhaltung und würdige Ausstattung des Sophiengymnasiums sichern zu helfen, insbesondere für die Erweiterung und Ergänzung der Büchereien, des Musikarchivs und Anschauungsmaterials, der geographischen, biologischen, physikalischen, chemikalischen Unterrichtsmittel mitzusorgen, andrerseits Mittel bereitzustellen für die Beschaffung von Spiel- und Sportgeräten, für die Gründung  eines Landheims und für Beihilfen zu Wanderungen, Ausflügen und Ferienverschickungen. Daneben soll der Bund den Zusammenhalt der Mitglieder untereinander und mit der Schule nach Möglichkeit pflegen und so an der Aufrechterhaltung und dem weiteren Ausbau der guten Tradition des Sophiengymnasiums mitarbeiten. Mitglieder können werden die Eltern der Schüler, die gegenwärtigen und früheren Lehrer, die ehemaligen Schüler und deren Eltern sowie andere Freunde und Gönner der Anstalt. Der Jahresbeitrag soll 12,- M betragen, darüber hinaus aber von jedem Mitglied freiwillig erhöht werden können. Wir hegen die feste Zuversicht, daß die Eltern der Schüler von dem Wunsche beseelt, das geistige und leibliche Wohl ihrer Söhne nach jeder Richtung zu fördern, dem Bunde ausnahmslos beitreten werden.

Berlin, im Februar 1922.

[eingeklebter Druck] Der Elternbeirat: Pfarrer Heinecke, Vorsitzender. Frau Emma Nette , Schriftf. Das Lehrerkollegium: Oberstudiendirektor Babick. Studienrat Tatge, Vertrauensm.