Donnerstag, 28. August 2025

Städtisches
Luisenstädtisches Realgymnasium
Berlin S.14
Sebastianstr. 26
Bericht über das Schuljahr 1932-1933

Lehrverfassung der Schule
Sommer 1932/3
Mathematik 65 St.
Physik 21 St.

Unterrichts-Verteilung für das Sommer-Halbjahr 1932
Dobe --

Unterrichts-Verteilung für das Winter-Halbjahr 1932/3
10 Studienrat Dr. Dobe, Friedrich
Klassenleitung UII1
UII1 - 4 M
UII2 - 4 M
OIII - 4 M
UIII2 - 4 M, 2 Ph
IV1 - 4 M
IV2 - 2 Geom
ohne - 1 chem Arb G.
Gesamt-Stunden: 25
Lebensalter in Jahren: 47
Mithin Pflichtstundenzahl: 25
Dienstliche Nebenarbeiten: Verw. der chem. Samml. 

II. Bericht über die Lehrer.
1. Die Veränderungen im Lehrkörper
Im vergangenen Schuljahr hat sich die Anzahl der festangestellten Lehrkräfte nicht geändert, doch sind 2 der frei gewordenen etatsmässigen Stellen noch nicht endgültig neu besetzt. Das verwaiste Amt des ausgeschiedenen St.R. Otto Köhler wurde zunächst vom St.R. Dr. Leopold Ehrlich auftragsweise wahrgenommen. Er war bis dahin am Leibniz-Gymnasium angestellt und verliess uns schon am 21.4.32, um an der Bismarck-Realschule 10 Wochenstunden zu übernehmen. Für ihn trat St.R. Dr. Artur Cohn ein, der vorher der Oberrealschule angehört hatte, zu der er mit Beginn des W.-S. zurückkehrte. Zu gleicher Zeit wurde St.R. Dr. Friedrich Dobe vom Sophien-Gymnasium in die Stelle überwiesen.

Die vakante Musiklehrerstelle wurde zu Ostern 32 zunächst dem Oberschullehrer Oskar Busch von der Eckener-Oberrealschule, Berlin Mariendorf, übertragen. Da er vom 26.4. bis 24.5. wegen eines vierwöchentlichen Darmleidens beurlaubt werden musste, wurde er auf Antrag abberufen. Seine Vertretung übernahm vom 30.4.32 ab Oberschullehrer Fritz Rögely. Mit Beginn des Winterhalbjahres trat an seine Stelle der Kirchenmusikdirektor Oberschullehrer Fritz Schink.

Nach dem Michaelistermin blieb die Klassenzahl die gleiche wie zuvor; Lehrkräfte wurden infolgedessen nicht frei. Vielmehr mussten 7 Wochenstunden Turnen neu besetzt werden, da der Schwimmunterricht geteilt wurde und der Oberschullehrer Fritz Feddern das Ruderprotektorat übernommen hatte. Dazu wurde Herr Oberschullehrer Max Albin überwiesen, der schon einmal von Dezember 1914 bis 15.9.1915 vertretungsweise an der Anstalt gewirkt hatte. Sein plötzlicher Tod am 13.3.33 entriss ihn unserer Gemeinschaft.

Um den neusprachlichen Unterricht in OIII und UIII2 zu fördern, sollten während der Wintermonate die Klassen geteilt werden. Dazu wurde der Anwärter Herr Stud. Ass. Walter Heilbrunn überwiesen. Allein schon am 25.10.32 wurde er von der Behörde abberufen. Die Teilung in den fremden Sprachen musste rückgängig gemacht werden.

Weitere Hilfskräfte waren infolge länger andauernder Krankheitsfälle erforderlich. Vom 18.11.32 bis 22.12.32 war St.R. Dr. Tänzler zur Wiederherstellung seiner Gesundheit beurlaubt. Herr St.Ass. Dr. Heinrich Spix übernahm den Unterricht am 1.12.32 mit geringen Verschiebungen, um dann an die Königsstädtische Oberrealschule als Vertreter überzugehen. Vom 5. bis 11.1.33 war er noch unentgeltlich bei uns beschäftigt. - Wegen Scharlacherkrankung in seiner Familie musste St.R. Willi Mauer seinen Dienst gegen Schluss des Wintersemesters aussetzen. Vom 15.2.33 ab teilten sich in seinen Unterricht die Stud. Ass. Rudolf Kahlau und Kurt Piater. - Währen der Krankheit des St.R. Dr. Friedrich Dobe vom 14.11.32 bis 5.12.33 [33 vermutlich Schreibfehler, eher 32] übernahm das Kollegium die Vertretung, ebenso während der bösen Grippeperiode.

Den an der Schule geführten Nichtanwärtern St.Ass. Dr. Ernst Holler und St.Ass. Johann Weidner konnte privat besoldete Beschäftigungsmöglichkeiten gewährt werden. Wegen seines Nebenamtes an der Universität musste St.R. Dr. Hansmann 3 Std. D. in UII2 an ersteren abtreten, während St.R. Markert sich bereit erklärte, bis 1.12.32 2 Rel. in UI1 und 3 Gs. in OII1 an St.Ass. Weidner zu übergeben.

Endlich ist der Wechsel der jüdischen Religionslehrer seit April 32 zu erwähnen. An Stelle der Rabbiner Dr. Andorn und Dr. Rosenthal wurden von der jüdischen Gemeinde die Herren Rabb. Dr. Plotke und Lehrer Metz bestellt. Für letzteren, der erkrankte, übernahm Herr Dr. Löwenberg vom 8.11.32 bis 22.11.32 und Herr Dr. Israel Porusch vom 29.11.32 bis 21.2.33 den Unterricht.

V. Aus der Schulchronik
Die Geschichte des Realgymnasiums alten Stils ist mit dem Schuljahr 1932/33 abgeschlossen. Die letzten 19 Abiturienten verliessen uns zu Ostern 1933. Die Abschiedsfeier fand am 25. März statt. Der Direktor entliess sie mit herzlichen Worten aus dem Verbunde der Schule, nachdem der Ordinarius Herr St.R. Habel ihnen in seiner Rede die Pflichten wahren Führertums gedeutet hatte. Schuberts "Ziehet hin in Frieden" geleitete ihren Ausgang.

Der Name "Luisenstädtisches Realgymnasium" wird in Zukunft die Entwicklung der Anstalt noch festhalten. Das Reformrealgymnasium ist nunmehr voll ausgebaut, erscheint aber in zweierlei Gestalt, da ministerieller Anordnung gemäss seit Ostern 1932 die fremde Anfangssprache nicht mehr Englisch sondern Französisch ist.

Im Sommer wie im Winter waren in der Anstalt 16 Klassen vereinigt. Ein weiterer Schwund in der Frequenz gegenüber dem Vorjahre ist kaum eingetreten. Am 1. Mai 1932 zählte das Realgymnasium 491 Schüler, und dieser Stand hielt sich während des ganzen Jahres, wenn man von den natürlichen Schwankungen absieht.

Was die bauliche Unterhaltung unserer Gebäude angeht, so mussten wir uns bei der misslichen Finanzlage der Stadt damit begnügen, dass die gröbsten Schäden repariert wurden. Doch ist dankbar anzuerkennen, dass auch der rechte Seitenflügel nunmehr mit elektrischer Beleuchtung zeitgemäss versehen ist.

Recht zahlreich waren die Veranstaltungen, die den geregelten Unterricht unterbrachen oder neben ihm einhergingen. Wenn auch auf manche planmässige Stunde verzichtet werden musste, so sind doch die Vertiefung des Unterrichts einzelner Klassen, die erziehliche Bedeutung solcher Darbietungen für unsere Gemeinschaft und die Wirkungsmöglichkeit der Schule nach aussen hin auf den ganzen Bezirk Werte, die nicht unterschätzt werden dürfen.

Wiederkehrende Feste wurden in herkömmlicher Weise gefeiert. Zur Verfassungsfeier am 11.8.32 hat Herr St.R. Dr. Böttcher die Rede übernommen. Das Reformationsfest sah die evangelischen Lehrer und Schüler mit anderen Schulen zu einem gemeinschaftlichen Gottesdienst in der Luisenstadtkirche vereint, bei dem Herr Pfarrer Themel die Predigt hielt. Die Gedenkmünze des Magistrats erhielt der Oberprimaner Gürke. Bei der Weihnachtsfeier am 20.12. abends erwies sich unsere Aula als zu klein, um all die Schüler, Eltern und Freunde, die mit uns feiern wollten, zu fassen. Im Mittelpunkt stand die Ansprache des St.R. Herrn Dr. Hansmann, die von musikalischen und gesanglichen Vorträgen eingerahmt war. Nach einem Weihnachtsspiel "Das Geheimnis der Mischung", dramatisiert von Quartanern nach einer Novelle von Ganghofer, erfreute der Weihnachtsmann Jung und Alt mit seinen Gaben.

Das Wirken grosser Männer der Jugend zu deuten, bot sich an ihren Gedenktagen willkommen Gelegenheit. Die Oberstufe hielt am 11.11.32 eine Gustav-Adolf-Feier unter Leitung der Herren St.R. Haber und Oberschullehrer Schink mit Deklamationen und musikalischen Darbietungen ab. Bei einem Bach-Händel-Konzert, mit dem der Musiklehrer am 28.11. uns erfreute, wirkten folgende Künstler mit: die Damen Frl. Gast (Mezzosopran) und Frl. Oelze (Alt) und als Bassist Herr Jüttner. Auch bei der Wagnerfeier am 13.12. beteiligte sich Herr Jüttner in uneigennütziger Weise mit seiner Kunst. Eine ganz interne Feier vereinigte Schüler und Lehrer am Volkstrauertag (11.3.33). Herr St.R. Habel hielt eine tiefempfundene, eindrucksvolle Rede zum Gedächtnis unserer gefallenen Helden.

Dem Ausbau des Unterrichts galten am 14.1.33 eine deutschkundlich-musikalische Gemeinschaftsstunde der beiden Obersekunden über das deutsche Lied und eine Querverbindungsstunde der gesamten Oberstufe über Musik und Malerei unter Leitung der Fachlehrer. Auch schulfremden Kräften öffneten wir gelegentlich unsere Pforten zur Belehrung unserer Schüler. Am 22.4.32 wurden fliegende Hunde vorgeführt. Auf die Lage Oberschlesiens wies Herr Ingenieur Fricke am 10.8.32 hin, auf die Bedeutung des V.D.A. Herr Wilski am 19.10.32. Zum Vortrag des Direktors der Segelfliegerschule Rossitten Herrn Hptm. a. d. Röthe über das Wesen des Segelflugs mit Lichtbildern hatte sich am 2.2.33 die ganze Schule in der Aula versammelt.

Weiterhin wurden die reichen Bildungsmöglichkeiten Berlins für einzelne Unterrichtsfächer voll ausgenutzt. Schon die Schüler der Mittelstufe, besonders aber die Oberklassen besuchten das Kaiser-Friedrich-Museum und die Nationalgalerie (St.R. Zinnecker), das Alte und das Neue Museum (Dr. Hansmann), das Museum für Völkerkunde (St.R. Sander), die Museen für Naturkunde und Meereskunde (Dr. Böttcher), das Museum für Volkskunde (St. Räte Habel, Markert, Fiedler). Zu den Vorträgen im Planetarium wurden unsere Schüler viermal geladen, davon einmal die gesamte Mittel- und Oberstufe. Die Hochschulbrauerei besichtigte Herr St.R. Dr. Böttcher mit OI, die Ullstein-Druckerei Herr St.R. Zinnecker mit OII. Im Zusammenhang mit dem Religionsunterricht wurden von den Herren St.R. Habel und Sander, Oberschullehrer Schink und Rabbiner Dr. Flotke Führungen durch die Marienkirche, die Nicolaikirche und die Synagoge in der Oranienburgerstrasse unternommen. Dem evangl. Missionshaus Georgenstrasse galt ein Besuch der UII auf Veranlassung der Herren St.R. Dr. Hansmann und St.R. Markert.

Von Sonderausstellungen, die Unterrichtszwecken dienstbar gemacht wurden, sind zu nennen: "Goethe und seine Welt" in der Akademie der Künste, die der Oberstufe unter Leitung der Herren St.R. Habel, St.R. Fiedler und St.Ass. Weidner reiches Anschauungsmaterial bot, die Wanderausstellung "Der Mensch" (Dresdener Hygienemuseum), wohin Herr St.R. Dr. Böttcher die UII mitnahm, ferner "Die Funkausstellung", "Die Dela" und "Die Front", welche zahlreiche Klassen anlockten.

Botanische Exkursionen unternahm die OII in den Botanischen Garten und nach Hirschgarten unter ihrem Fachlehrer Herrn Dr. Böttcher. Herr St.Ass. Weidner machte am 7.9.32 eine Studienfahrt mit UI nach Brandenburg a/H. Das Arbeitslager in Trebbin besichtigte OI am 2.3.33 unter Führung der Herren St.R. Habel und St.R. Zinnecker. Endlich war es am 6.9.32 dank der grossherzigen Schenkung des Herrn Grosskaufmanns Hand Engels 20 ausgewählten Schülern zum 1. Male vergönnt, auf Flugzeugen der Lufthansa und des D.L.V. sich in Begleitung mehrerer Herren des Kollegiums Berlin und Umgebung von oben zu besehen.

Für Schüler und Eltern und für die grössere Gemeinschaft der Luisenstädter waren Abendveranstaltungen gedacht, die ihren Zweck durch geistige Anregungen der gemeinsame Band fester zu knüpfen voll erfüllten. Die Reihe der Darbietungen eröffnete am 16.4.32 der Chemiker emil Hirsch, der fast vor 50 Jahren sein Abiturium an unserer Schule bestanden hat, über "Lebensmittelchemie unter Berücksichtigung der Vitamine". Im Rahmen einer Elternbundsversammlung hielt Herr Hilfszeichenlehrer Linde am 30.4.32 einen Lichtbildvortrag über Wilhelm Busch, am 13.6.32 berichtete Herr St.R. Dr. Hansmann über seine Hellasfahrt mit eigenen Lichtbildern. Verschönt wurde der Abend durch künstlerische Interpretationen des Oberschullehrers Herr Rögely aus Liszts und Beethovens Werken. Beethoven waren auch die Abende vom 12.9. und 19.9.32 gewidmet, die der Musiklehrer Herr Rögely, ein anerkannter Künstler, einem kleineren Kreise schenkte. In die Gegenwart und Zukunft versetzte eine begeisterte Zuhörerschaft der Vortrag am 25.10.32 des Hptms. a. d. Köhl über seine Ozeanüberquerung. Der Triumph deutschen Wagemuts und deutscher Technik erfüllte Alt und Jung mit berechtigtem Stolz.

Unsere Theateraufführungen auf neuer Bühne: Am 4. Novemberabend durfte die jüngst gegründete Theatergruppe unter Leitung des Herrn St.R. Fiedler mit wachsendem Erfolge die alte Posse "Kyritz-Pyritz" in modernisiertem Gewande mit eigenen Schlagerkompositionen des Sekundaners Böttcher aufführen. Schülerinnen der Kleistschule und des Viktoriaoberlyceums spielten lebenswahr die weiblichen Rollen. Der wohlverdiente Beifall spornte die Mittel- und Unterklassen an. Ein hübscher "Bunter Abend" der Quarta folgte am 15.11., und am 8.12.32 erlebte "Kalasiris, die Lotosblume" unter Regie des Hilfszeichenlehrers Herrn Linde und mit harmonischen Tänzen von Frl. Kanne eine wohlgelungene Neuaufführung. Ein prächtiger Hans-Sachs-Abend der Untertertis, einstudiert im Anschluss an den Unterricht von den Herren Stud. Ref. Hoeft und Lewin, um die Kosten einer Osterfahrt der Schüler zu decken, schloss die Reihe der erfolgreichen Abendversammlungen am 3.4.33.

Der 21. März 1933, der Tag des nationalen Bekenntnisses, leitete die neue Zeit nach dem Wiedererwachen Deutschlands ein, und unsere Gemeinschaft, die stets ein Hort deutschen Wesens und Strebens, deutscher Sitte und Gesinnung gewesen ist, darf sagen, sie ist bei dem historischen Geschehen in Potsdam dabei gewesen. Wir haben den Reden unseres altehrwürdigen Reichspräsidenten und des Volkskanzlers Adolf Hitler lauschen dürfen. Nach gemeinsamem Gesange des alten Liedes "Ich hab' mich ergeben" deutete der Direktor den Klassen OI-IV, der Oberstudienrat den vereinigten Unterklassen das historische Geschehen und nach dem Gesang der Nationalhymne übertrug zum 1. Male der Lautsprecher deutlich hörbar den grossen Staatsakt. Begeistert erklang das Hoch auf die Führer des Vaterlandes. Spontan ertönte aus jugendlichen Kehlen zum 1. Male das Horst-Wessel-Lied in unseren Räumen, das die einzigartige Schulfeier beschloss.