Berlinisches Gymnasium zum grauen Kloster
Ostern 1894
Jahresbericht [1893/94]
II. Verfügungen der vorgesetzten Behörden
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Verfügung des Königl. Schul-Kollegiums vom 22. Oktober 1893: "Nachdem sich herausgestellt hat, dass die öffentlichen Prüfungen an den höheren Schulen zum Schluss des Schuljahres in den Augen des Publikums fast überall das Interesse verloren haben, welches ihnen in früherer Zeit entgegengebracht wurde, und dass somit der Hauptzweck dieser Einrichtung, die Vermittelung des Zusammenhanges zwischen Schule und Familie nicht mehr erreicht wird, so hat uns der Herr Minister durch Verfügung vom 7. d. M. ermächtigt, die öffentlichen Prüfungen an allen höheren Schulen in Wegfall zu bringen, an denen nicht die Beibehaltung der alten Einrichtung von den betreffenden Patronaten ausdrücklich gewünscht wird."
III. Chronik des Gymnasiums
1. Schulfeierlichkeiten. Am 2. September wurde der Gedenktag des Sieges von Sedan durch eine Schulfeier mit Gesang und Deklamation begangen. - Am 2. November wurde das märkische Reformationsfest durch eine Schulfeier begangen, bei welcher Herr Prof. Dr. Neubauer die Festrede hielt. Die vom Magistrat uns übersandte Denkmünze erhielt der Oberprimaner Richard Materne. - Am 17. Januar wurde der Geburtstag Seiner Majestät des Kaisers gefeiert, wobei Herr Prof. Dr. Lamprecht die Festrede hielt. - An den Geburts- und Todestagen unserer unvergesslichen Kaiser Wilhelms I. und Friedrichs III., wurden die Schüler der Anstalt jedesmal auf die Verdienste und Tugenden der verewigten Herrscher hingewiesen.
2. Veränderungen im Lehrerkollegium.
Das verflossene Schuljahr hat dem grauen Kloster mehrere tief eingreifende Veränderungen in dem Bestande seines Lehrerkollegiums gebracht.
Mit dem Schlusse des Sommerhalbjahres 1893 trat der bisherige Direktor Dr. theol. und phil. Hofmann auf seinen Wunsch in den Ruhestand, nachdem er achtzehn Jahre das Direktorat verwaltet hatte. [ausführlicher Lebenslauf]
Zum Nachfolger Hofmanns wurde vom Magistrat der unterzeichnete Direktor [Dr. Ludwig Bellermann] gewählt und trat nach erfolgter Bestätigung durch die Königliche Behörde sein Amt am 1. Oktober 1893 an. Er ist 1836 zu Berlin geboren, war Schüler des grauen Klosters und von 1860 bis 1877 Lehrer der Anstalt. Michaelis 1877 wurde er zum Direktor des neu errichteten Königstädtischen Gymnasiums gewählt und hat dies Direktorat bis Michaelis 1893 verwaltet.
Mit dem Schlusse des Schuljahres zu Ostern 1894 scheiden, ebenfalls auf ihren Wunsch in den Ruhestand tretend, die beiden Professoren Dr. Simon und Dr. Hoppe nach 43jähriger und 42jähriger amtlicher Wirksamkeit aus unserer Mitte. [ausführliche Lebensläufe]
In die seit dem Ausscheiden des Professors Dr. Franz zu Ostern 1892 erledigte Oberlehrerstelle ist durch Wahl des Magistrats der bisherige wissenschaftliche Hilfslehrer Dr. Paul Kerckhoff eingerückt. [Lebenslauf]
Von den wissenschaftlichen Hilfslehrern schied zu Ostern 1893 Herr Beyer von uns, zu Michaelis 1893 trat Herr Röseler und als Probe-Kandidat Herr Dr. Memelsdorff ein. Unter den technischen Lehrern fand kein Wechsel statt.
[Am Schluss:]
... auch das Schulgeld für das nächste Vierteljahr mit 25 M zu entrichten.
Dr. Ludwig Bellermann.
Direktor.