Samstag, 6. September 2025

1900/01

Berlinisches Gymnasium zum grauen Kloster
Ostern 1901
Jahresbericht [1900/01]

II. Verfügungen der vorgesetzten Behörden
...
Ministerialerlass vom 20. Dezember 1900. Auf Grund der Allerhöchsten Ordre vom 26. November 1900 wird bestimmt, dass für den Nachweis der Reife zur Versetzung nach Obersekunda die Abschlussprüfung in Wegfall kommt, und daher bei der Versetzung nach Obersekunda fortan lediglich nach den für Versetzungen geltenden Grundsätzen zu verfahren ist. Demgemäss ist die Abschlussprüfung auch für die Erteilung des Zeugnisses über die wissenschaftliche Befähigung zum einjährig-freiwilligen Dienste nicht mehr erforderlich.

III. Chronik des Gymnasiums
1. Schulfeierlichkeiten
Am 20. Juni nahm eine grössere Anzahl unserer Primaner und Sekundaner an einem von vielen höheren Lehranstalten Berlins veranstalteten Wett-Barlaufspiel teil.

Der 2. September, der Gedenktag des Sieges von Sedan, wurde durch Ausfall der Schule und durch Ausflüge der einzelnen Klassen gefeiert.

Am 2. November wurde das märkische Reformationsfest durch eine Schulfeier begangen, bei der Herr Oberlehrer Dr. Weise die Festrede hielt. Die vom Magistrat übersandte Denkmünze erhielt der Oberprimaner Hermann Seedorf.

Am 18. Januar wurde, wie in allen Schulen, die zweihundertjährige Jubelfeier des Königreichs Preussen festlich begangen, indem dabei zugleich des Geburtstages Sr. Majestät des Kaisers gedacht wurde. Der Herr Oberlehrer Hildebrandt wies in seiner Festrede auf die Bedeutung des Tages für Preussen und ganz Deutschland hin, der Direktor brachte ein Hoch auf den Kaiser aus, das von dem Gesange des Chores "Salvum fac regem" eingeleitet und von "Heil dir im Siegerkranz" beschlossen wurde.

2. Veränderungen im Lehrerkollegium
Mit Ablauf dieses Schuljahres wird der Herr Professor Dr. Neubauer unsere Anstalt verlassen, indem er nach 31 jähriger amtlicher Thätigkeit und fast 30 jährigem Wirken am grauen Kloster auf seinen Wunsch in den Ruhestand tritt. [ausführlicher Lebenslauf] Leider wurde seine Lehrthätigkeit schon seit längerer Zeit oftmals durch seinen der Schonung bedürftigen Gesundheitszustand unterbrochen, der ihm besonders durch asthmatische Beschwerden die Ausübung seines Berufes allzusehr erschwerte. Nachdem er mehrmals längeren Urlaub nachgesucht und erhalten hatte, ohne dass eine dauernde Besserung eintrat, musste sich ihm zu unserem grössten Bedauern der Wunsch aufdrängen, seiner amtlichen Pflichten enthoben zu werden. Die Liebe und Anhänglichkeit seiner Schüler, die Freundschaft und Hochachtung seiner Amtsgenossen folgen ihm in den Ruhestand. Das grauen Kloster bleibt ihm für immer mit herzlichem und aufrichtigem Dank verbunden, und wir vereinigen uns in dem Wunsche, dass ihm in der nun gewährten Ruhe noch eine recht lange Reihe von Jahren erwünschten Wohlergehens und unverminderter geistiger Schaffenskraft beschieden sein möge.

Zu Michaelis 1900 verliessen unsere Anstalt die wissenschaftlichen Hilfslehrer Herr Dr. Maximilian Memelsdorff und Herr Dr. Wilhelm Schubart, von denen der erste sieben, der andere zwei Jahre bei uns gewirkt hatten. Dr. Memelsdorff wurde zum Oberlehrer am Sophiengymnasium gewählt, während Dr. Schubart in die Verwaltung der Königlichen Museen übertrat. Die freundschaftlichen Wünsche, mit denen wir diese beiden tüchtigen und pflichtgetreuen Männer in ihre neuen Stellungen begleiteten, sollten sich bei Dr. Memelsdorff leider nicht erfüllen. Denn am 13. März erhielten wir die betrübende Kunde, dass ein starker Anfall von Lungenentzündung ihn in dem blühenden Alter von 37 Jahren seinem neuen Wirkungskreise wieder entrissen habe.

Zu Ostern 1900 übernahm der Königliche Seminarist Herr Paul Zühlke eine Anzahl von Stunden an unserer Anstalt, musste uns aber bereits nach einem halben Jahre wieder verlassen, um an das Luisen-Gymnasium überzugehen. Seit Michaelis 1900 ist Herr Ernst Zeck, bis dahin Probandus, als wissenschaftlicher Hilfslehrer am Gymnasium thätig, und zu derselben Zeit trat Herr Willi Dahms als Probandus an die Anstalt.

[Zum Schluss:]
... auch das Schulgeld für das nächste Vierteljahr mit 32,50 M zu entrichten.

Dr. Ludwig Bellermann
Direktor.