Berlinisches Gymnasium zum grauen Kloster
Ostern 1900
Jahresbericht [1899/1900]
III. Chronik des Gymnasiums
Während des Sommerhalbjahrs 1899 war der Herr Professor Dr. Neubauer seines Gesundheitszustandes wegen beurlaubt. Ein längerer Aufenthalt in günstigerem Klima, zumeist in Bozen, wirkte so fördernd auf ihn, dass er zu Michaelis 1899 seine Thätigkeit am Gymnasium wieder beginnen und den grössten Teil seiner Stunden selbst übernehmen konnte.
Schulfeierlichkeiten
Am 19. Juni nahm eine Anzahl unserer Primaner und Sekundaner an einem von vielen Schulen veranstalteten Wett-Barlaufspiel teil.
Am 28. August wurde der 150. Geburtstag Goethes durch eine Schulfeier in der Aula begangen, bestehend aus einer Festrede des unterzeichneten Direktors und der Aufführung von Goethes "Mahomets Gesang" in der Komposition von H. Bellermann durch den Chor unserer ersten Gesangklasse mit voller Orchesterbegleitung.
Der 2. September, der Gedenktag des Sieges von Sedan, wurde durch Ausfall der Schule und durch Ausflüge der einzelnen Klassen gefeiert.
Am 2. November wurde das märkische Reformationsfest durch eine Schulfeier begangen, bei der Herr Oberlehrer Dr. Kerckhoff die Festrede hielt. Die vom Magistrat übersandte Denkmünze erhielt der Oberprimaner Eduard Spranger.
Am 27. Januar 1900 fand die Feier des Geburtstages Seiner Majestät des Kaisers statt, wobei Herr Oberlehrer Dr. Weise die Festrede hielt.
Am 10. Februar 1900 veranstaltete die erste Singeklasse unter Leitung unseres Gesanglehrers Herrn Langelütje eine Musikaufführung, bestehend aus geistlichen und weltlichen Gesängen, die mit Grells Tedeum begann und mit Zelters "Johanna Sebus" schloss. Dieselbe Aufführung wurde einige Tage darauf zum Besten der freiwilligen Krankenpflege wiederholt und brachte diesem wohlthätigen Institut einen Ertrag von 200 Mk. ein.
Veränderungen im Lehrerkollegium
Mit Ablauf dieses Schuljahres verlässt unsere Anstalt der Oberlehrer Professor Dr. Hans Schneider, um eine Stelle am Gymnasium zu Mülheim an der Ruhr zu übernehmen. Er hat dem Lehrerkollegium des grauen Klosters seit Ostern 1881, also neunzehn Jahre hindurch, angehört und bekleidete zuletzt die elfte Stelle am Gymnasium. Er hat sein Amt stets mit Eifer und gutem Erfolg geführt. Durch die anregende Frische seines Unterrichts, zu dem seit vielen Jahren auch ein Teil des Turnunterrichts gehörte, gewann er die Anhänglichkeit seiner Schüler; zu seinen Amtsgenossen stand er durch sein entgegenkommendes und liebenswürdiges Wesen immer in den besten Beziehungen. Wir wünschen ihm für seinen neuen Wirkungskreis eine gesegnete Thätigkeit.
An seine Stelle tritt der Professor Dr. Fritzsche, bisher Oberlehrer am Gymnasium zu Mülheim an der Ruhr. Er ist 1852 in der Provinz Sachsen geboren und erhielt seine Vorbildung auf dem Gymnasium zu Merseburg. Nachdem er von 1872-1877 seine Studien und Staatsprüfungen vollendet hatte, wurde er zuerst 1877 am Königlichen Friedrich Wilhelms-Gymnasium in Köln angestellt, war dann am Gymnasium in Essen und seit 1884 in Mülheim Oberlehrer, seit 1893 Professor.
Zu Ostern 1899 trat Herr Otto Küntzel als Probandus an unsere Anstalt; er verlässt uns jetzt, um einem Rufe nach Liegnitz zu folgen. Seit Michaelis 1899 ist Herr Dr. Schubart, bis dahin Probandus, als wissenschaftlicher Hilfslehrer am Gymnasium thätig, während zu demselben Termin Herr Ernst Zeck als Probandus zu uns trat.
Einen lieben Schüler verloren wir durch den Tod. Georg Deleroi, ein Sohn des hiesigen Lehrers Herrn Deleroi, Schüler unserer Quinta, starb 12 Jahre als am 23. Oktober 1899 an den Folgen eines Scharlachfiebers. Er war ein fleissiger, wohlgesitteter und freundlicher Knabe, und wir haben an dem tiefen Schmerz der Eltern herzlich teilgenommen.
[Zum Schluss:]
... auch das Schulgeld für das nächste Vierteljahr mit 32,50 M zu entrichten.
Dr. Ludwig Bellermann
Direktor