Samstag, 6. September 2025

1891/92

Jahresbericht
des
Berlinischen Gymnasiums
zum grauen Kloster
für das Schuljahr Ostern 1891 bis Ostern 1892

II. Verfügungen der vorgesetzten Behörden.
Königl. Schul-Kollegium vom 27. Februar 1891. Auf Grund der Wahrnehmung, dass in den uns vorgelegten Stundenplänen der höheren Lehranstalten nicht immer die erforderliche Rücksichtnahme auf die geistige Leistungsfähigkeit und die körperliche Gesundheit der Schüler zu Tage tritt, finden wir uns veranlasst, folgende Bestimmungen zu treffen:
1) Für sämtliche Schüler, auch für die am fakultativen Unterricht sich Beteiligenden, sind 
a. mindestens zwei Nachmittage in der Woche von jeglichem Unterrichte frei zu halten und ist
b. der Tagesunterricht so zu gestalten, dass er nicht zu einem dreimaligen Schulwege nötigt.
2) Für die Schüler der Sexta und Quinta darf der Umfang der zusammenhängenden Unterrichtszeit, einschliesslich der technischen, Turn- und Gesangstunden, nicht über 5 Stunden hinausgehen.
Für die Berliner Schulen erscheint es ausserdem wünschenswert, dass ein siebenstündiger Tagesunterricht in diesen Klassen nur dann angesetzt werden, wenn es möglich ist, zwischen demselben eine mehr als zweistündige Pause eintreten zu lassen.
3) Für die Schüler der Quarta und Tertia, beziehw. Quarta, Tertia und Secunda der höheren Bürgerschule, darf der Umfang der zusammenhängenden Unterrichtszeit, einschliesslich der fakultativen Fächer, nur dann 6 Stunden betragen, wenn unter diesen eine Gesangs- oder eine Turnstunde sich befindet.
Auch für die Klassen Secunda und Prima, beziehw. die Prima der höheren Bürgerschule, erscheint die Innehaltung dieser Bestimmung auf das Dringendste wünschenswert und ist daher durchaus anzustreben. Sollte in einzelnen Fällen, etwa wenn ein Schüler eines Gymnasiums an sämtlichen fakultativen Unterrichtsfächern dieser Klassen sich beteiligen und dadurch die Zahl seiner Unterrichtsstunden auf 38, beziehw. auf 40 steigert, ein sechsstündiger wissenschaftlicher Unterricht unvermeidlich sein, so ist doch der obligatorische wissenschaftliche Unterricht stets auf 5 Stunden zu beschränken und sind überdies derartige Fälle in den Begleitberichten der Stundenpläne ausdrücklich zu motivieren.

Wir ordnen ferner an, dass
1) in den uns einzureichenden Stundenplänen sämtliche Unterrichtsstunden, auch die fakultativen, verzeichnet, und dass
2) Vorschläge zu etwaigen Abweichungen von den durch diese, sowie durch die früheren einschlägigen Verfügungen vorgeschriebenen Normen in den Begleitberichten begründet werden. 

III. Chronik des Gymnasiums
Schulfeierlichkeiten. Am 14. Juni 1891, dem Sterbetage des Kaisers Friedrich, hielt Dr. Hoesch die Festrede. - Am 2. September wurde der Tag von Sedan durch Deklamation und Gesang gefeiert. - Am 23. September wurde der 100. Geburtstag Theodor Körners feierlich begangen. - Am 2. November wurde die Einführung der Reformation in die Mark Brandenburg gefeiert; die Festrede hielt Dr. Nohl, und die von dem Hochedlen Magistrat gesandte Denkmünze wurde dem Oberprimaner Kühn verliehen. - An dem Geburtstage Sr. Majestät des Kaisers und Königs hielt Dr. Ruge die Festrede. - Am 9. und 22. März 1892 werden Gedächtnisfeierlichkeiten für Kaiser Wilhelm I. abgehalten werden; Dr. Schneider und Dr. Stiller haben die Festreden übernommen.

Der zu Ostern 1887 emeritierte Professor Dr. Dinse ist am 24. Mai 1891 gestorben. Sein Lebensgang und seine Verdienste um das graue Kloster sind in dem Programm vom Jahre 1888 angegeben.

Professor Neubauer hat krankheitshalber in dem ganzen Schuljahre keinen Unterricht erteilt und Professor Hoppe ist in dem ganzen Winter-Semester beurlaubt gewesen zur Vollendung einer wissenschaftlichen Arbeit. Ausserdem ist der Unterricht erheblich unterbrochen worden durch längere Krankheit des Dr. Nohl und durch teilweise Beurlaubung des Reichstags-Abgeordneten Dr. Ruge.

VII. Mitteilungen an die Schüler und an deren Eltern
2. Die Prüfung und Aufnahme neuer Schüler für das Sommer-Semester findet Freitag, den 8. April, vormittags 9 Uhr, in dem Hörsaale der Anstalt statt. Die aufzunehmenden Schüler haben das Abgangszeugnis von der bisher von ihnen besuchten Schule vorzulegen, sowie ein Attest über die erfolgte Impfung bezw. Wiederimpfung. Das Schulgeld beträgt 100 M jährlich und ist in vierteljährlichen Raten praenumerando an den mit der Einnahme desselben beauftragten Herrn Dr. Simon II. zu zahlen, von neu aufgenommenen Schülern gleich bei der Aufnahme.

4. Abgangszeugnisse sollen nur denjenigen Schülern gegeben werden, welche vier Wochen vorher dem Direktor angezeigt haben, dass sie die Schule zu verlassen gedenken. Schüler, welche abgehen ohne solche Kündigung, haben das Schulgeld für das nächste Vierteljahr noch zu entrichten.

Berlin, den 1. März 1892
Friedrich Hofmann